Wie der Name schon sagt, schüttet die ausschüttende Tranche die Erträge regelmäßig, meistens jährlich an die Anleger aus. Steuerlich hat dies zur Folge, dass die Ausschüttungen dann der Abgeltungsteuer unterliegen und nur der Nettobetrag dem Kundenkonto gutgeschrieben wird. Für die Wiederanlage steht somit nur der Nettobetrag zur Verfügung, was bei einer Langfristanlage den Zinseszinseffekt (siehe unser Ariktel oben) schmälert.
Bei der thesaurierenden Tranche werden die Erträge nicht ausgeschüttet, sondern im Fondsvermögen angesammelt und unterliegen zum Zeitpunkt der Thesaurierung noch nicht der Abgeltungsteuer, stehen also in voller Höhe für die Wiederanlage zur Verfügung, was sich positiv auf den Zinseszinseffekt auswirkt. (Zum "Wunder des Zinseszins" lesen Sie hier mehr in unserer Pressemitteilung an die Welt am Sonntag.) Die gesamten Erträge sind dann erst bei Veräußerung der Fondsanteile unter Berücksichtigung evtl. bezahlter Vorabpauschalen zu versteuern. (Zur Vorabpauschale siehe Hintergrund aktuell 12/2023.) Diese thesaurierenden Tranchen sind somit aufgrund der „Steuerstundung“ bzw. durch die zuletzt nur geringe Vorabpauschalbesteuerung bis zur Veräußerung für Langfristanleger vorteilhaft – sofern der Sparerfreibetrag (1.000 € / 2.000 €) jedes Jahr durch andere Erträge voll ausgeschöpft wird.
Wer es steuerlich noch weiter optimieren möchte, achtet auch noch darauf, in welchem Land der Fonds aufgelegt ist. Dies erkennt man an den ersten beiden Buchstaben der 10-stelligen ISIN (International Securities Identification Number = internationale Wertpapierkennnummer). Gerade bei Fonds mit hohem US-Anteil kann aufgrund des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens ein Irischer Fonds (IE) für Anleger günstiger sein als ein Luxemburgischer (LU) oder Deutscher Fonds (DE). Dies weiter zu erläutern würde aber hier zu weit führen.
Ein für die meisten Anleger und vor allem für uns als Vermögensverwalter viel wichtigerer Aspekt ist die Fondsgröße und die Handelbarkeit. Zu kleine Fonds sind für die Fondsgesellschaften oftmals unrentabel und werden deshalb früher oder später wieder aufgelöst bzw. mit einem anderen Fonds mit ähnlichem Anlageziel verschmolzen. In so einem Fall kann es zu einer (steuerpflichtigen) „Zwangsveräußerung“ kommen. Dies geschieht oft bei ETFs, die sich auf ein kleines Themengebiet beziehen, das gerade en vogue ist. Läuft die Wertentwicklung dann nicht mehr wie gewünscht steil nach oben, ziehen insbesondere viele Kleinanleger über die diversen Neo-Broker ihre Gelder wieder ab.
Deshalb hier schon mal ein kleines Zwischenfazit: Neu aufgelegte ETF auf „Modethemen“, lassen sich zwar von den Fondsgesellschaften kurzfristig gut vermarkten und bringen für „Investoren der ersten Stunde“ oft auch schnell sehr gute Erträge, für die langfristige Vermögensanlage eigenen Sie sich aber oft nicht.
Für uns als Vermögensverwalter bieten diese Themen-ETF jedoch die Möglichkeit, bestimmte Branchen oder Länder kurzfristig, aber gezielt in die Portfolien aufzunehmen – sofern diese ETF ausreichend liquide sind und große Volumina jederzeit problemlos handelbar sind. Dies führt in den Portfolien zwar gelegentlich zu einer Konzentration einzelner Fondsgesellschaften wie z.B. iShares oder Xtrackers, dient aber der jederzeitigen Flexibilität. Da es sich auch bei ETF um sogenanntes „Sondervermögen“ handelt, entsteht dadurch auch kein Emittentenrisiko. Zumindest dann nicht, wenn die ETF die Aktien oder Anleihen tatsächlich physisch kaufen und nicht nur deren Wertentwicklung durch sogenannte Swaps abbilden. Diese „Replikationsmethode“ ist ein weiterer Baustein bei der Fondsauswahl, aber m.E. auch nicht überzubewerten.
Vorschau auf Teil 3: ETF - Aktiv oder passiv?
Bereits in dem ersten Teil zum Thema ETF-Markt in Deutschland hatte ich auf die günstige Kostenstruktur der ETF hingewiesen, die dadurch möglich wird, dass die ETF i.d.R. nur „passiv“ einzelne Märkte abbilden.
Seit einigen Monaten kommen nun aber vermehrt „aktive“ ETF auf den Markt. Was es damit auf sich hat, wie sich diese „aktiven“ ETF einerseits von den klassischen (teuren) Fonds und andererseits von den „passiven“ ETF abgrenzen, wie „nachhaltig“ ETF aus meiner Sicht überhaupt sein können und warum es sich oft doch lohnt in klassische, aktive Fonds zu investieren und eine Beratung oder sogar einen Vermögensverwalter in Anspruch zu nehmen, führe ich im dritten und letzten Teil dieser ETF-Reihe in einer der nächsten Ausgaben unseres Newsletters „Hintergrund aktuell“ aus.